Carpe That Fucking Diem

Dieser Spruch drängte sich mir vor kurzem auf und ich ließ meine Finger über die Tastatur tanzen…..

Als ich anfing zu schreiben, merkte ich, dass CARPE DIEM („Nutze den Tag“) von vielen unterschiedlich interpretiert wird. Die einen sehen es als ihr „Hier-und-Jetzt-Mantra“, um nicht an morgen zu denken und auch die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Für andere ist es ihr Antriebsmotto, um den Tag auszuschöpfen und genügend zu erreichen. Und dann gibt es natürlich die „Spirit-Junkies“, die jeden Tag nutzen, um geistig zu wachsen und ihr Karma abzuarbeiten. Der eine Kurs ist noch nicht zu Ende, schon fangen sie den nächsten an, um ja nichts zu verpassen. Allerdings hapert es im Alltag an der Umsetzung, da hauptsächlich versucht wird, kognitiv alles aufzunehmen und nicht wirklich gelebt und gefühlt wird.

Ein Überangebot an spirituellen Kursen führt eher zu einer Verwirrung statt innerer Klarheit! Was wir nicht alles angeblich brauchen und tun sollten…

Wenn ich einige Menschen so beobachte, passiert da überhaupt kein Wachsen, sondern mehr denn je ein Füllen und Anhaften von Egoräumen. Während sie jedoch meinen zu wachsen und sich dabei oft über ihre Mitmenschen stellen, füttern sie dabei das falsche Ich, das Ego. Das ist es, was dabei hauptsächlich wächst.

Die Mehrheit der Menschen befindet sich im „Carpe diem-Wettkampf Modus“, um noch mehr von allem zu bekommen. Es wird so getan, als entsteht ein WIR, aber in den abgetrennten Egoräumen kämpft jeder für sich und versucht selbst am meisten zu glänzen. Oft schmückt man sich hier noch mit spirituellen Wörtern, weil’s schick ist.

Früher dachte ich immer, ich gehöre hier irgendwie nicht her! Das war wohl ein Versehen des Universums, das ich hier gelandet bin. Ich fühlte mich in dieser Welt oft fremd, sogar in meiner Familie, obwohl ich sehr geliebt wurde! Dieser ständige Wettkampf-Modus in der Außenwelt machte mir enorm zu schaffen, da mein natürliches Wesen dafür nicht ausgerichtet war/ist. Ob in der Schule oder später im Berufsleben, überall mogelte ich mich durch, um nicht aufzufallen. Es fühlte sich für mich so an, als wären all die Menschen in meinem Leben mit einem dicken Koffer gekommen, gefüllt mit Dingen, die man hier so braucht. Nur ich kam ohne.

Auch in Freundschaften spürte ich manchmal ein Wettkampfverhalten. Sobald ich allerdings heute wahrnehme, dass es unehrlich und toxisch wird, distanziere ich mich von der jeweiligen Beziehung.  

Das Gefühl, fremd zu sein, hat sich in all den Jahren gewandelt oder sagen wir besser, ich konnte irgendwann erkennen, sehr wohl hier richtig zu sein und dass ein Koffer nie nötig war, weil alles, was ich für dieses Leben brauchte, stets IN mir war. So darf ich heute anderen dabei helfen, mit leichtem Gepäck zu reisen und am Ende ihrer Reise selbst davon noch loszulassen.

Die Zeit wandelt sich für uns alle. Auch wenn es Zeit nicht wirklich gibt, doch spreche ich in diesem Kontext davon, wie wir sie als Mensch linear wahrnehmen.

Am Anfang des Lebens sind wir alle in ein und denselben Zug eingestiegen, dachten wir hatten das gleiche Ziel…. „Carpe diem“ eben. Doch mittlerweile haben einige den Zug wieder verlassen. Sie sind nicht mehr abhängig von einem Fahrplan und auch ein Gepäck ist nicht (mehr) nötig! Für diejenigen, die ausgestiegen sind, hat eine Art Erwachen stattgefunden. Nicht alle sind dabei vollständig erwacht, aber bei vielen wurden Schichten/Masken abgelegt, die sie während der „Zugfahrt“ noch dachten zu brauchen.

Mit vollständig erwacht meine ich, (wie immer) vom „Ich-Traum“ zu dem, wer wir wirklich sind. Dabei dienen wir uns alle gegenseitig! Im Zug findet dieser Prozess noch unbewusst statt, erst wenn du ausgestiegen bist, wirst du dir dessen gewahr. Dann ergibt das ganze Spiel (die anstrengende Zugfahrt) erst einen Sinn. Vielleicht auch keinen, dann siehst du dem IrrSINN, der sich spielt, nur zu und es ist auch okay.

It’s just a game.

Erwacht ist Zeit eine Illusion. Nur in Abtrennung vom Sein gibt es Zeit. Erwacht siehst du, dass alles im JETZT stattfindet und vor allem zeitgleich. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft sind miteinander verwoben im JETZT. 

Genau HIER geht die Wahrnehmung der beiden Welten ziemlich auseinander. Das mag für manche übertrieben sich anhören, aber so ist es. Und zum jetzigen Zeitpunkt für mehr denn je Menschen sichtbar und spürbar. Sie erlauben es sich aus der alten Matrix auszusteigen, während andere es bevorzugen, in ihrer „persönlichen“ Komfortzone zu bleiben, nichts verändern und das glauben möchten, was ihnen gesagt wird…. Hier könnte ich unzählige Dinge aufzählen. Ich denke, ihr wisst, was ich meine.

Diese Spaltung und Spannung ist es, was sich auf der Weltenbühne spielt. Ein Schauspiel, das vom großen Ganzen, der Totalität initiiert wurde. Wir alle sind in unseren unterschiedlichen Rollen immer ein Teil des Ganzen – allerdings hat es mit uns als Person nichts zu tun. Die Rolle, die jeweils gespielt wird, dient dem ganzen Spektakel nur.

Es ist ein Vorgehen und eine Herausforderung, von der wir (erwacht) wissen, aber die sich von selbst ereignet.

Einige Menschen haben sich aus deinem Leben verabschiedet, weil es nicht mehr passte, denn man behinderte sich im menschlichen „Entwicklungsprozess“. Ein Prozess, der sich auf der persönlichen Ebene wie auf der globalen Ebene spielt.

Das Verabschieden von Dingen/ Menschen ist enorm wichtig und gilt es nach wie vor zu prüfen: Welche Begegnungen/ Beziehungen schwächen mich und welche geben mir Kraft? Das ist es, was im Erwachen komplett klar ist. Und für diejenigen, die vorher schon klar waren, wird so einiges noch klarer und kompromissloser!

 Vor nicht all zu langer Zeit,  saß mir eine Person gegenüber, die selten, aber immer wieder mal in meinem Leben auftaucht. Während der oberflächlichen Unterhaltung fühlte ich plötzlich etwas Endgültiges. Das Gefühl war so stark, dass ich es nicht wegdrücken konnte. Etwas in mir konnte diese Art von Gespräch nicht mehr führen. Da war kein Spielraum mehr. Ich dachte an den Zug, in dem die Person saß und spürte die überaus große Entfernung, die mittlerweile entstanden war. Dabei sehe ich trotz allem sein gutes Herz, weiß, er kann nicht anders. Für ihn existiert nur der Zug – nichts anderes.

Über das Mitgefühl kann man trotz der Welten die einen trennen, Verbindung schaffen.

Klärt immer wieder euer Umfeld, aber geht nicht in den Kampf! Wenn eine Beziehung/ Situation nicht wandelbar ist, dann ist es besser sich zu trennen, weil es sonst anstrengend und unecht wird. Haltet nicht mehr krampfhaft fest an dem, was gehen möchte. Sucht eure klare Ausrichtung und versucht über das Mitgefühl in die Verbindung zu gehen. Wenn jemand eure Verbindung nicht möchte, dann schickt Liebe – aber steht zu eurer Ausrichtung.

Teilweise tauchen noch mal frühere Beziehungen in eurem Leben auf, weil noch etwas bereinigt oder zu Ende gebracht werden möchte. Menschen, die für alte Muster in euch stehen, die ebenfalls verabschiedet werden möchten. Somit schafft ihr Klarheit in den inneren und äußeren Räumen.

Wenn wir uns von alten Beziehungen/Systeme lösen, kann dies absolute Befreiung bedeuten, da eine enorme Kraft freigesetzt wird, die vorher kein Ventil fand. Neue Türen öffnen sich automatisch. Endlich kann Authentizität gelebt werden!

Habt keine Vorstellung und Erwartung vom Leben. Lebt einfach. Spontan. Wie ein Surfer. Wenn eine Welle da ist, lass dich von ihr tragen – und zwar auf die: „Carpe that fucking diem“ Art! Nicht DU nutzt die Welle, um möglichst weit zu kommen – die WELLE nutzt dich. Lass dich von ihr tragen, damit sie dich dahin bringen kann, wo es für dich weitergeht. Dann bist du im ALL-EIN-SEIN eingebunden und lässt dich in Hingabe führen.

Ist keine Welle da und das Meer ist ruhig – auch gut. Dann tauche ein in die Stille, bis dich das Leben wieder auffordert aufzustehen. Weitersurfen!

In der Linie der Zeit geht es immer ums Wachsen und das kann oft schmerzhaft sein, da wir mit unseren Rollen identifiziert sind. Das haben wir so gebucht, wie es stattfindet, – nur vergessen. Außerhalb der Zeit, außerhalb der Identifikation (der Egoräume), sind wir im ALL-EIN-SEIN verbunden durch unsere Seele/ das SEIN. Wie auch immer man DAS nennen mag.

Da, wo es hingehen wird, hat in keiner Weise etwas mit DIR persönlich zu tun. Solange du noch meinst, irgendetwas zu bekommen und hinzufügen zu müssen, bist du voll in der Identifikation, in der Trennung und somit im Mangel. Denn Egoräume kreieren immer Mangel, weil sie dir suggerieren, nicht zu genügen und mehr zu brauchen – auch die Anerkennung deiner Mitmenschen und schon bist du wieder im „Carpe diem – Wettkampf Modus“.

Wenn du nach wie vor dein Glück in den weltlichen Dingen suchst, dann geht die Zugfahrt für dich weiter. Das ist absolut okay. Dann hast du das wohl gebucht.

Tust du dies nicht mehr, schaltest du von „Carpe diem“ auf „Hingabe“ oder wie ich es gerne nenne in: „Leben und lieben, was ist.“

Du stellst keine Anforderungen mehr der Welt und den Menschen nach dem Motto: „Los macht mich glücklich!“ Davon bist du nicht mehr abhängig, sondern befreit.

Eckhart Tolle nannte es das „Formlose Sein“. Es ist die Essenz jenseits der Persönlichkeit.

Im Sein musst du keinen Tag nutzen. Nichts werden. Nichts erreichen. Warum auch? Für wen? Alles ist bereits. Vollkommen.

Ist klar, woher der ganze Stress kommt? Oder denkt ihr das Sein interessiert sich dafür, den tollsten Urlaub, das schönste Outfit, den coolsten Job, die geilste Party als außergewöhnlichste Story zu posten?!?  

Je wichtiger diese Dinge in deinem Leben sind, um so mehr hast du dich von „dir“ entfernt. Es sei denn, du verlässt den Zug. ; )

-oneLove-