Über Vergebung…

Solange, wie du jemandem im Gefängnis des Vorwurfs gefangen hältst, hältst du dich selbst gefangen.

  – Laura Malina Seiler –

Ganz einfach, weil es bei Vergebung nur um dich geht und nicht den anderen!

Ich traf auf einen alten Freund. Freute mich über die „zufällige“ Begegnung. Wir tauschten auf die Schnelle unser jetziges Leben aus, dann umarmten wir uns und jeder ging weiter. Danach sinnte ich über die Begegnung noch ein Weilchen nach…

Wie schön es ist, Menschen wiederzusehen, die einem mal viel bedeutet und begleitet haben. Und wie schön ist es, sie auch wieder gehen lassen zu können, ohne etwas zu erwarten oder von ihnen noch zu brauchen.

Es ist unglaublich spannend, wie viele Menschen einem im Laufe des Lebens alle begegnen. Manche bleiben nur kurz, dafür intensiv. Andere etwas länger und manche sogar ein Leben lang. Die Länge ist dabei nie ausschlaggebend.

Wichtig zu wissen:

Mit allen, die in deinem Leben auftauchen, bist du verabredet.

Keiner begegnet dir rein zufällig, denn durch jeden Mitspieler dürfen wir lernen, um einander im menschlichen Entwicklungsprozess zu dienen.

 Ich meine damit nicht das SEIN, was wir wirklich sind, denn dazu ist keine Entwicklung nötig. SEIN (Bewusst- oder GewahrSEIN auch genannt) erlebt und erfährt sich als individueller Mensch auf dessen Reise. Das ist alles und gleichzeitig der kürzeste Weg zum Erwachen.  ; )

Wenn ich vom menschlichen Erleben spreche, spreche ich auch oft von einem Traum, Film, Spiel und den Geschichten, die darin vorkommen. Es ist jeweils dasselbe damit gemeint. In diesem Blog nenne ich es später ein Theaterstück. Ich halte es für wichtig, daran immer wieder zu erinnern, da man sich nur allzu schnell wieder in der Illusion, die wir „Realität“ nennen, verliert.

Innerhalb meiner Reise hatte ich intensive Begegnungen mit Menschen, die ich nicht so schnell wieder loslassen wollte, aber musste, weil wohl alles gelernt war. Das Ego möchte mehr, deshalb leidet es, weil es weder sehen noch verstehen kann, was im Universum vor sich geht. Das Ego kann nie wissen, was wichtig ist und was nicht. BewusstSEIN schon.

Manchmal kann es auch andersherum sein und du würdest gerne jemanden schon zurücklassen, dich trennen, doch eure gemeinsame Reise ist wohl noch nicht zu Ende. Die Lernlektion läuft noch.

Leider bleiben viele durch Enttäuschung in der Opferhaltung zurück und weigern sich hinzusehen, was das Ganze mit ihnen zu tun haben könnte. Dabei ist es völlig egal, ob du derjenige bist, der enttäuscht hat oder ob du enttäuscht wirst. Je nachdem, welche Rolle es für dich zu spielen gibt. Für beide ist es jedoch jeweils eine Lernlektion.

Nimmst du die Lektion nicht an, wirst du dir die Dinge so zu Recht legen, dass der andere stets der Schuldige ist. Dabei wirst du dir immer wieder dieselben verdorbenen Szenen im Kopf abspielen und durch Zorn, Wut und Neid über den anderen, dich selbst vergiften.

Fakt ist: Dass der andere, von dem du evtl. enttäuscht bist, einfach nur seinen Weg geht, um Erfahrungen zu sammeln und um zu lernen. Dadurch darf er immer wieder Dinge und Menschen loslassen. Das Leben ist ein einziger Prozess im Loslassen. Nichts bleibt, alles verändert sich und ist vergänglich. Am Ende müssen wir dann auch vom Leben loslassen.

Wenn du erkennst, dass jeder von uns seinen ureigenen bestimmten Weg zu gehen hat, dann befreist du sowohl dich als auch den anderen aus deinen selbst erdachten Vorstellungen und kannst sämtliche falsche Erwartungen und Vorwürfe in deinem Kopf auflösen. 

Dies ist das Ende von Täuschung und der Anfang von absoluter Klarheit.

40 Jahre lang dachte ich felsenfest, dass ich und meine Freundin niemals etwas auseinanderbringen würde! Über 40 Jahre gingen wir gemeinsam durch dick und dünn, wie man so schön sagt. Dann gab es eine gewaltige Explosion in unserer Freundschaft und es riss uns auseinander. Es war für uns beide so heftig, dass ich für meine Verhältnisse lange brauchte, um mich davon zu erholen. Nach anfänglichen Widerständen durch „Nichtwahrhabenwollen“, blieb irgendwann nichts anderes übrig, als sich den Gefühlen, die auftauchten, zu stellen und diese komplett zu fühlen.

Es tat wahnsinnig weh, weil wir wie Geschwister aufwuchsen und unser Leben miteinander teilten. Es tauchte viel Schmerz auf und ich vermisste sie lange Zeit sehr.

Im Nachhinein betrachtet durften wir beide sehen, dass dies nicht anders für uns möglich war, da wir wahnsinnig aneinander festhielten, aber uns gleichzeitig in unserer Entwicklung blockierten. Ich musste sie loslassen, wie sie mich und das ging nur auf eine heftige Weise.

Nach ein paar Jahren lagen wir uns in den Armen und waren einfach nur dankbar für die kostbare und unvergessliche Zeit, die wir miteinander haben durften. Die Liebe war immer noch da. Aber auch das gemeinsame Sehen, dass es gut war, wie es JETZT ist. Keiner von uns verweilte mehr in der Vergangenheit. Im Moment der innigen Umarmung spürten wir einander im Jetzt, in dem es nichts zu vergeben gab! Diese Reife ging von uns beiden aus und was blieb, war pure Dankbarkeit und Glück.

Diese Freundschaft bis hin zur Trennung und was wir daraus machten, lehrte mich so unglaublich viel. Wie könnte ich darüber enttäuscht sein? Ich bekam so viel Klarheit geschenkt – und die vielen zusammen gelebten Jahre hatten jeweils einen festen Platz im Herzen.

Leider gibt es viele Menschen, die in ihrem eigenen Geist gefangen sind. Oft halten sie sich im Leben der anderen auf und richten über sie, obwohl sie nie in deren Schuhen laufen! Sie erzählen Dinge, die aus ihrer Sicht passiert sind und an denen natürlich die anderen Schuld haben. In ihrem Kopf lassen sie immer wieder dieselben Szenen aus der Vergangenheit ablaufen.

Diese Geschichten gären vor sich hin und nehmen so viel Raum und Macht in ihnen ein, dass kaum Platz entsteht für Neues und schon gar nicht für Leere und Stille. Denn sie wollen gar nicht in den Frieden kommen. Sie leben von den alten Kamellen, die sie sich ständig selbst und anderen erzählen, um ihr Urteil zu rechtfertigen. Dabei verletzen und vergiften sie sich nur selbst. In dieser Umgebung kann weder etwas heilen noch wachsen.

Wahre Vergebung entsteht in dem Moment, in dem du erkennst, dass es nichts zu vergeben gibt!

 Mir ist bewusst, dass ich mit dem Satz so manche triggere, denn in dieser Welt gibt es so viel Ungerechtigkeit und Unheil, Schmerz und Leid. Doch was bringt es mir dort zu verweilen, außer noch mehr Kummer und Wut?

Wenn mein menschliches Herz heil werden möchte, dann besteht die Möglichkeit eines Perspektivenwechsels. Dabei gehst du über die Geschichte hinaus. Du verlässt sie und nimmst die Perspektive des Universums, des Ganzen, der Totalität ein.

Innerhalb meiner Geschichte durfte ich vor vielen Jahren einer Person begegnen, die mich oft zum Verzweifeln brachte. Erst wurde ich geliebt und dann verstoßen. Immer wieder bekam ich unschöne Bemerkungen, die mich verletzten, bis ich eines Tages meinen Mund aufmachte, mich wehrte und sagte, was mir nicht gefiel. Das war‘s dann mit der Liebe. Als ich jedoch erkennen durfte, dass die Person nicht anders konnte und in mir etwas auslöste, damit ich lernte in meine Kraft zu kommen, wurde es still in mir.

Es war ein radikales Erwachen, welches mich sehen ließ, dass die Person mir nur diente. Es war ihre Aufgabe, genauso zu sein, wie sie war. Andersrum ebenso. Denn auch sie durfte durch mein Grenzen setzen lernen, nicht über andere drüber zu gehen und ins Gefühl zu kommen.

Im Beispiel mit meiner langjährigen Freundschaft fand ein beidseitiges Lernen statt. Der Sturm verzog sich und Friede trat ein. Vergebung geschah von alleine – ohne dass sie erwähnt werden musste. Denn in völliger Hingabe/Annahme, mit dem, was ist, ist Vergebung mit inbegriffen.

Im zweiten Beispiel fand allerdings nur ein einseitiges Lernen statt, da sich die andere Person dazu entschloss, weiterhin Schuld auf mich und andere zu schieben, um weiter das Opfer zu bleiben. Das ist okay. Sie darf das. Es ist IHR Lernprozess und es sind IHRE Schuhe, in denen sie geht.

Aus Erfahrung weiß ich, dass im Leben ein Zeitpunkt gewiss ist, da wird man sich die ein oder andere Haltung noch einmal anschauen und überdenken. Nicht alle tun das, aber einige. Ich bin manchmal Zeuge davon, wenn Menschen mit dem Tod konfrontiert werden. Unbewusst (manchmal auch bewusst) fangen sie an, mit allen möglichen Dingen und Menschen aufzuräumen, um in den Frieden zu kommen.

Geschieht ein abruptes Ableben, geschieht alles von alleine, denn spätestens beim Übergang wird ganzheitlich durch die Seele, ich nenne es das BewusstSEIN/GewahrSEIN (DAS, was wir SIND) gesehen, dass jeder die perfekte Rolle in dem „Theater“ spielt und dahinter/davor ALLE gleich sind. Wir fließen in die All-Liebe (Quelle/Gott) über, von der wir zu keinem Zeitpunkt getrennt waren. Es fühlt sich nur so an, weil wir mit der Rolle identifiziert sind. Wie die Welle, die denkt, eigenständig und besonders zu sein, doch stets nichts anderes ist als der große weite Ozean.

Im Grunde taucht das Theaterstück „Leben“ nur im Bewusstsein auf und verschwindet wieder. Das ganze Drama, die Schönheit, Freude, Lust, Traurigkeit, Schuld, Vergebung usw. erfährt sich durch Bewusstsein. Im Theaterstück selbst braucht es meistens unseren „individuellen“ Glauben an das, was wir „Realität“ nennen, sonst wäre es zugegebenermaßen ein recht fades Stück und keiner würde hingehen. So braucht es mit dem Eintritt ins Leben ein Vergessen und mit dem Austritt ein Erinnern.

Manchmal jedoch findet schon ein Erinnern während des Theaterstücks statt. Man nennt es auch Erwachen.

Dann gehst du nicht einfach von der Bühne, sondern spielst weiter…allerdings um einiges entspannter, weil der Druck wegfällt. Das Spielen fühlt sich anders an – freier und gelassener.

Die Menschen sind während ihres Theaterstücks hauptsächlich mit dem Druck beschäftigt, in Form von Erfolg, Geld, Ansehen, Status, Sichtbarkeit, Gesundheit, Sport, was auch immer. Ich sage nicht, dass dies schlecht ist. Es bekommt nur einen enormen Stellenwert, weil damit versucht wird, den Mangel in sich zu füllen. Die Sicht bezeichnen wir als Normalität und ist aus dieser beschränkten Perspektive komplett getrübt. Wir behaupten, die ganze Welt sehen zu können und schauen dabei nur durch ein Schlüsselloch.

Aus dieser Sicht heraus teilen wir dann unser Umfeld in „gute“ und „schlechte“ Menschen auf und werten über sie und ihr tun.

Das ist völlig verrückt und auch irrsinnig, denn dabei kann ich nur selbst verlieren und wie anfangs erwähnt, mich selbst vergiften.

By the way, fällt mir da Jesus ein: „Gott, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ ,sagte er am Kreuz und nahm nicht mal in dieser Situation die Opferhaltung ein, obwohl er so einige Gründe gehabt hätte…

Das stimmt! Die Menschen, die durch ein Schlüsselloch schauen und behaupten, die Welt zu sehen, wissen tatsächlich nicht, was sie tun. Aber: Gott muss niemanden vergeben! Denn Gott ist das Theaterstück selbst, der sowohl spielt als auch initiiert.

Wenn ihr also erkennt, dass ihr euch verrannt habt mit euren urteilenden Gedanken über eure Mitmenschen, die Welt und das Leben, dann kommt wieder zurück in die Einfachheit, denn die habt ihr im Drama verlassen.

Kommt zurück und seht, das Leben ist ein einziger Live-Stream von Geschehnissen. In jedem Moment ist es nur DAS, WAS IST.

Merkt ihr, wie viel Gewicht ihr getragen habt, durch das viele Analysieren, Richten und Urteilen, wie das Leben auszusehen hat und wie die Menschen eurer Meinung nach sich verhalten sollten.

Zu erkennen, dass es niemanden gibt, dem vergeben werden muss, ist komplette Heilung und Frieden.

RUHE kehrt ein – in Kopf und Herz.

 

-oneLove-