“Akzeptiere jeden Augenblick, als hättest du ihn gewählt.”

….., sagte Eckhart Tolle vor Kurzem auf einem Vortag. Ein wundervoller Satz, wie ich finde. Wenn du so tust, als hättest du gewählt, gibt es kein ABER mehr.

Aber, ich hätte es doch anders machen sollen.

Aber, wenn er nur mit mir geredet hätte.

Aber, das Wetter könnte auch besser sein.

Aber, mein Chef sollte mir mehr Geld geben.

Ein ABER hält uns auf und erzeugt massiven Mindfuck!

Das Leben selbst, hat nie ein ABER für uns, sondern nur ein SO IST ES.

Die meisten Zuhörer von Eckhart Tolle oder auch anderen spirituellen Lehrern, fangen dann an darüber nachzudenken, wie man das am besten gleich umsetzt und sie beschließen: „Okay, ab jetzt akzeptiere ich alles, was in meinem Leben auftaucht.“ Das hält allerdings nicht lange an, weil selbst hier versucht wird mit dem Kopf alles zu steuern und zu kontrollieren. So funktioniert das jedoch nicht. Denn was passiert, wenn du mal wieder bestimmen möchtest, wo und wie es langgeht im Leben? Du fühlst es nicht und hörst nur das Geplapper in deinem Kopf! Du kommst sogar in bestimmten Situationen in Stress, wenn irgendetwas nicht so läuft, wie du es dir  vorgestellt hast und dann fällt dir plötzlich wieder ein: „Mist, ich muss ja akzeptieren, was ist!“ Und du versuchst die Situation zwanghaft anzunehmen, doch innerlich fühlst du ganz anders und dann kämpft der Kopf mit dem Bauch und das bedeutet Chaos und Mindfuck.

An diesem Punkt stehen viele spirituelle Sucher. Sie verstehen jede Menge über das Leben, haben viele Bücher gelesen von weisen Lehrern, hören sich Vorträge über YouTube an und flüchten täglich in ihre Meditation. Doch wenn sie das Buch zur Seite legen, der Vortag zu Ende ist oder sie aus ihrer Meditation wieder auftauchen, ist spätestens im Alltag wieder alles beim Alten. Ich glaube, dass viele, das mit dem Akzeptieren tatsächlich falsch verstehen. Das Leben anzunehmen, wie es sich zeigt, ist keine Kopfentscheidung! Es ist eine Haltung oder sagen wir noch besser eine Hingabe. Das heißt, du kannst gar nicht mehr anders, als so durchs Leben zu gehen.

 Mit den Worten „…als hättest du den Augenblick gewählt“, gibt Eckhart Tolle eine kleine Hilfestellung im Annehmen, wie es ist. Für mich allerdings ist der Satz: „….als wäre es für dich gewählt worden“ noch stimmiger. Denn Fakt ist, dass es so im „Drehbuch“ steht und du es zu spielen hast. So würde ich das ausdrücken. Und wenn dir was im Weg steht, ist es DEIN Weg! Du kommst gar nicht aus. Und wenn doch, dann steht DAS im Drehbuch. : )

Als sich in meinem Leben das WACH SEIN einstellte, konnte ich nicht mehr anders, als so die Welt zu sehen. Ohne Einschränkung. Das betrifft natürlich nicht nur bestimmte Situationen, sondern jeden Augenblick. Die Welt ist immer neu und frisch, alles befindet sich ständig im Wandel. Und in jedem Moment und sei er noch so düster, gibt es diese Hingabe ans Leben. Das Leben, das sich nie täuscht, dass sich einfach nur lebt.

Wir leben in einer dualen Welt. Das heißt, es gibt immer zwei Seiten: Gut und Böse, Schwarz und Weiß, Liebe und Hass, Licht und Schatten, Sonne und Mond, Ebbe und Flut, usw. Ohne das eine, kann das andere nicht erfahren werden. Und wer macht die Erfahrung? Es scheint der Mensch zu sein. Doch es ist einfach nur Bewusstsein, dass sich verkleidet als Mensch. So gut, dass wir es vergessen haben. Doch hier und da findet sich das Bewusstsein wieder und im Menschsein taucht eine Art Erinnerung auf. Wir nennen es Erwachen oder Erleuchtung. Das ist der Moment, in dem du den Satz von Eckhart Tolle anfängst nicht nur richtig zu verstehen, sondern auch zu leben:

Akzeptiere jeden Augenblick, als hättest du ihn gewählt“. Er sagte hättest und nicht „weil du ihn so gewählt hast“! Das ist der feine, aber große Unterschied. Du als Mensch hast überhaupt nichts gewählt! Noch nie. Und wirst es auch nie tun. Nur scheinbar.

Gestern Abend saßen wir mit Freunden in einem Restaurant eines alten Freundes. Wir reservierten bei ihm ein paar Tage zuvor einen Tisch und er freute sich sehr auf uns. Wir suchten den Wein und das Essen aus und warteten bereits auf ihn. Sicher würde unser Freund gleich aus der Küche kommen und uns begrüßen. Doch er kam nicht. Es dauerte eine Weile bis wir verstanden, dass er nie mehr wiederkommen wird. Er hatte sich entschieden sein Leben zu beenden. Wir alle waren sprachlos und unfassbar traurig.

Als ich so da saß und den Moment über mich ergehen ließ, konnte ich ganz klar sehen, dass unser Freund nicht wirklich sein Leben vorzeitig beendet hatte, sondern, dass es für ihn Zeit war zu gehen.

Diese Geschichte ist eine von vielen. Ständig passieren Unfälle, Suizid, Herzstillstand aus heiterem Himmel, Krebstod usw. All diese Geschichten verbinden uns, weil jeder schon mal betroffen war oder zumindest berührt wurde. Sie lassen uns das Menschsein spüren. Menschsein bedeutet begrenzt zu sein. Nur für eine gewisse Zeit diesen Körper zu bewohnen. Du hast ihn nur ausgeliehen, um Begrenzung zu erfahren und Bewusstsein (das, was wir eigentlich sind – unendliche Energie) kann sich nur so erfahren!

Unser alter Freund fühlte sich zu Lebzeiten sehr beengt in seinem Kostüm. Es wurde für ihn zu klein und er wollte wieder dahin zurückkehren, wo er eigentlich zu Hause war. Wir, die zurückbleiben, fühlen einfach nur Schmerz und eine unfassbare Traurigkeit. In so einem Moment, bleibt dir gar nichts anderes übrig, als anzunehmen, wie es ist. Aber jedes einzelne Gefühl das auftaucht, gilt es erstmal zu fühlen…auszufühlen – bis es langsam leichter wird. Was den meisten in solchen Situation schwerfällt, ist den Satz „….als hättest du es gewählt“ zuzulassen. Aber auch meine abgeänderte Version „….als wäre er für dich gewählt worden“, tröstet in einer Trauer nicht wirklich. Vielleicht gelingt es dir eines Tages, dies aus der Sicht der Seele zu sehen, die gegangen ist.

Setz dich allerdings nicht unter Druck. Du musst diese Sätze nicht glauben oder so tun als ob und innerlich haderst du mit dem Schicksal. Hadern gehört zum Trauerprozess dazu. Und es ist ja auch egal, wer oder was gewählt hat. Fakt ist, wie es ist. Und, dass die Rolle unseres Freundes ausgespielt war. Er hatte keinen Text mehr und durfte von der Bühne gehen. An das Stück werden wir uns allerdings lange erinnern. Bis es eines Tages für uns soweit ist und der Vorhang fällt. Wir leben manchmal so, als wäre das in weiter Ferne – doch wer weiß das schon?

Wenn ich erwachsene Menschen beobachte, die in der 2. oder 3. Pubertät stecken (und da gibt es nicht wenige!), kann man sehen, wie sehr sie vergessen haben, um was es eigentlich in diesem Stück geht! Das ist in Ordnung, absolut. Nur wird das große Erwachen, eines Tages wohl etwas heftiger sein. Mit 2./3. Pubertät meine ich Menschen, die sich nach wie vor über Äußerlichkeiten definieren, sich selbst verarschen und dadurch in ihrer eigenen Geschichte feststecken. Sie packen unbewusst noch mal ein paar Schichten über ihr eigentliches Sein und spüren so gut wie nichts, außer einen permanenten Mangel, der immer wieder aufploppt und so schnell es geht, befriedigt werden muss. Sie vergleichen sich ständig mit anderen und versuchen anders/besonders zu sein – würden es aber niemals zugeben. Ein sehr anstrengendes Leben mit viele Masken! Diese Menschen bleiben meistens an der gewohnten Oberfläche und in ihrer Komfortzone.

Wenn wir doch nichts mitnehmen können, wohin wir mal gehen werden, weshalb sind uns dann die äußerlichen Dinge so wichtig? Wenn du das alles schon zu Lebzeiten loslassen kannst, sogar dein Selbstbild, weil auch dieses vergänglich ist, dann kannst du ein wunderbar freies und unbeschwertes Leben führen.  Jeder wird sich einmal unterschiedlich an dich erinnern, wenn du von dieser Welt gegangen bist. Und dort angekommen, wird es dir sowas von egal sein! Wir denken, wir müssen hier irgendetwas erreichen, leisten, besonders sein und uns einen Namen machen. Völliger Bullshit! Das ist nur ein anstrengendes Leben und für manche wird es dann immer mehr zur Last und führt zu heftigen Depressionen/Burnout. Dann liegt zwar DAS auf deinem Weg, doch es führt dich mit Sicherheit in eine andere, neue Richtung. Geh einfach weiter…du wirst es sehen/spüren, was jetzt dran ist.

Zur Last wurde es auch für unseren Freund. Nichts und niemand hätte ihn hindern können, freiwillig aus dem Leben zu gehen. Aus der Sicht einer höheren Ebene, macht es keinen Unterschied, WIE jemand seinen Körper verlässt. Egal ob jemand durch Suizid geht, Krebs oder einer anderen Krankheit, durch einen Unfall oder Mord. So hart es klingt, aber die Rolle war zu Ende gespielt. Dabei kommt es im „Drehbuch“ nicht auf das Alter an und es gibt keine besseren oder schlechteren Rollen – nur Leben ohne Wertung. Wie es allerdings Hinterbliebenen damit geht, ist eine andere Sache. Der Schmerz sitzt oft tief, weil sie mit der Geschichte verhaftet sind. Wenn jemand zu diesem „anders sehen“, wie ich es gerne nenne, kommt, von dort aus es keine Schuld und Wertung gibt, wird der Schmerz oft leichter.

Anders Sehen, ist dem, was Eckhart Tolle sagt, sehr ähnlich: „Akzeptiere jeden Augenblick, als hättest du ihn gewählt.“  Das heißt, wenn du vorher schon gewählt hast oder es für dich gewählt wurde, dann läuft nichts verkehrt und jede Szene wird sozusagen nur noch abgedreht. Kannst du mir folgen? Wenn nicht, dann lege diesen Artikel für eine Weile beiseite und lese ihn erst nach einiger Zeit wiedermal durch.

Ich selbst habe mir mal ein Buch gekauft, von dem ich später feststellte, dass es bereits in meinem Bücherregal stand. Ich war kurz verwirrt – doch dann war mir klar, dass ich dieses Buch komplett ausgeblendet hatte, weil ich es damals überhaupt noch nicht verstand und erst jetzt die Zeit reif war, jedes einzelne Wort in mir aufzusaugen. Deshalb habe ich großes Verständnis dafür, wenn dich meine Texte manchmal etwas verwirren. Ich bin mir allerdings sicher, irgendwann wirst auch du dies nicht mehr anders sehen können, wenn du schon den Weg zu meinem Blog gefunden hast. Denn auch das hast du bereits gewählt oder wurde für dich gewählt. Das Leben bringt dich nämlich genau an die Orte, die für dich wichtig sind.

Wir sehen uns… ; )