Gutes Leben…Gutes Sterben
Ich möchte schon sehr lange über das Sterben schreiben, weil es mir ein großes Anliegen ist, dieses Thema in unser Leben zu integrieren, und zwar mit Leichtigkeit – nicht mit Schwere. Es betrifft uns nämlich alle! Vielen fällt es sehr schwer, über den Tod und das Sterben zu sprechen und die meisten leben so, als würde es sie nichts angehen und nur andere Menschen würden diese Erde wieder verlassen. Doch eines Tages werden auch sie sich damit auseinandersetzen, ob durch den eigenen bevorstehenden Tod oder durch den Tod eines geliebten Menschen.
Ich erinnere mich, wie ich als Kind, das erste Mal mit dem Tod in Berührung kam, als meine Großeltern starben. Es hatte für mich als kleines Mädchen überhaupt nichts Schweres, im Gegenteil. Was mich verwirrte, waren die besorgten und traurigen Gesichter. Trotz dem angeblichen Tod, spürte ich eindeutig die Lebendigkeit meiner Großeltern. Sie zeigten sich sogar ab und an und vermittelten mir, dass es ihnen gut geht. Sie waren weder alt noch krank – sie waren reine, lebendige Energie! Für mich, als kleines Kind, gab es so etwas wie den Tod nicht. Hier war niemand gestorben. Das wollte allerdings keiner hören, somit behielt ich mein kleines Geheimnis für mich. Später, als der Verstand mehr und mehr mein Leben bestimmte, ereilte auch mich die Traurigkeit, wenn jemand aus meinem engsten Kreis, starb. Doch was blieb, war die Gewissheit, dass es keinen Tod gibt! Ich wusste einfach, dass es für die „Seelen“ oder das „Bewusstsein“ (wie auch immer man es nennen mag) ein Weitergehen gibt. Wohin, das weiß niemand so genau.
Auch jetzt noch, darf ich Verstorbene wahrnehmen. Doch da ist kein jemand – keine Person. Da ist nur Energie! Eben diese Energie, die wir eigentlich sind, ohne Namen und ohne Form. Manchmal zeigen sich Verstorbene im alten „Menschenkleid“, damit man sie erkennen kann. Sie sind oft bereit, mit einem Medium zusammenzuarbeiten, um Hinterbliebenen Trost zu spenden und Antworten zu geben.
Mich hat dieses Thema „Sterben“ nie losgelassen. Ich las schon als junger Mensch, alles, was ich dazu in die Hände bekam. Ganz vorne dabei, die von mir sehr geschätzte Elisabeth Kübler-Ross. Besonders das Buch „Interview mit Sterbenden“ beeindruckte mich damals zu tiefst und gleichzeitig fühlte ich mich in meinem „Sehen/Fühlen“ bestätigt. Seither sind viele Jahre vergangen, in denen ich selbst Menschen begleiten darf, die unteranderem mit dem „Tod“ in Berührung kommen und Antworten und Halt suchen.
Warum haben wir Menschen so viel Angst vor dem Sterben, dass wir teilweise gar nicht darüber sprechen wollen/können?!? Es heißt immer „Der Tod gehört zum Leben dazu.“ Doch es macht uns Angst, nicht zu wissen, wann der Zeitpunkt sein wird, wann wir diese Erde wieder verlassen werden. Fast noch mehr Angst, macht uns der Gedanke, wenn geliebte Mitmenschen von uns gehen. Doch die Wahrheit ist, dass wir in unserem Leben zu keinem Zeitpunkt irgendetwas wissen und schon gar nicht kontrollieren können! Und gleichzeitig ist immer alles richtig, wie und wann etwas passiert oder nicht passiert. Kein Mensch stirbt einfach zufällig!
Gibt es so etwas wie „Gutes Sterben“ überhaupt? Oh ja, das gibt es! Zu Hause, im Kreise der Familie zu sterben oder in einem Hospiz mit Hilfe von ausgebildeten Sterbeammen/-begleiter ist ein würdevolles „nach Hause gehen“. Ist es nicht wunderschön, dass uns eine Hebamme hilft, um auf die Welt zu kommen und eine Sterbeamme uns begleitet, damit wir wieder gehen können!?
Mir ist aufgefallen, dass Menschen, die gerne gelebt haben und mit sich und ihren Mitmenschen im Frieden waren, auch friedvoll sterben konnten. Da ist kein großer Kampf mit dem Tod – da ist eher ein Hinausgleiten.
Die Seelen der Menschen, die eines plötzlichen Todes sterben, werden genauso wundervoll begleitet und schon erwartet. Nur das die meisten von uns, diese Begleiter nicht sehen.
Natürlich empfinden wir sehr viel Schmerz und Trauer, wenn ein geliebter Mensch von uns geht und was oft bleibt, ist Ohnmacht und Verzweiflung. Es ist so wichtig diese Gefühle zuzulassen und komplett zu fühlen, egal wie lange diese andauern! Doch wenn wir genau hinsehen, hinterlässt jeder Verstorbene (ob alt oder jung) ein Geschenk für die „Noch-Hiergebliebenen“. Die Menschen rücken näher zusammen und man empfindet eine Verbundenheit. Plötzlich hören Geschichten und Dramen auf zu wirken. Sie werden unwichtig. Zumindest für eine Zeit. Es ist eine heilige Zeit, in der die Menschen immer ein wenig mehr eins miteinander werden und sich Frieden in den Herzen ausbreitet.
Erst vor kurzem durfte ich, von einem sehr wichtigen Menschen, „Abschied nehmen“. Wir wussten beide in diesem Moment, dass wir uns das letzte Mal hier sehen und das war ein schmerzvolles Gefühl, aber was den Raum hauptsächlich füllte, war so viel größer….Da war unendlich viel Liebe!! Und ich empfand tiefe Dankbarkeit für diesen Augenblick und für die vielen, die wir zusammen hatten.
Auf dem Titelblatt der Zeitschrift „Auszeit“ der Oktober Ausgabe 2017 steht:
„Feiere das Leben. Und fürchte nicht den Tod“.
So ist es.